Definition
Die Delphi-Methode, auch als Delphi-Studie, Delphi-Verfahren oder Delphi-Befragung bekannt, ist ein qualitatives, mehrstufiges Prognoseverfahren, welches auf der Befragung von Experten basiert und von Gordon und Helmer entwickelt wurde. Sie ist ein Klassiker im Bereich der Zukunftsforschung. Die Experten werden dabei in mehreren Durchgängen zu einer Fragestellung befragt, wobei ihnen in nachfolgenden Runden auch in anonymisierter Form Einblick in die Antworten von den anderen Experten gegeben wird und sie ihre Antworten anpassen bzw. Stellung zu den anderen Antworten nehmen können. Dieses Vorgehen wird wiederholt, bis entweder eine gewünschte Durchgangsanzahl erreicht wurde, Einigkeit zwischen den Befragten erreicht wurde oder die Teilnehmer zu keinen weiteren Runden bereit sind. Der Methodenname stammt von dem antiken römischen Orakel von Delphi, welches seinen Besuchern ihre Zukunft vorhersagte.
Ziel und Nutzen
Ziel der Delphi-Methode ist die Zusammenführung und Analyse von Expertenmeinungen zur Einschätzung zukünftiger Ereignisse oder Trends. In diesem Gruppenurteil ist das Wissen verschiedener Experten vereinigt und soll daher eine relativ zuverlässige Gesamtprognose bilden. Die Methode geht von der Annahme aus, dass Experten die Zukunft ihres Fachgebiets besser kennen als Menschen, die über weniger Vorbildung in dem Bereich verfügen. Außerdem wird davon ausgegangen, dass eine Gruppe von Experten nicht weniger gut als der Einzelne prognostiziert.
Anwendung
Ursprünglich wurde die Delphi-Methode für militärische Zwecke eingesetzt. Heutzutage findet sie vorrangig Anwendung zur Unterstützung der Trendforschung bzw. Zukunftsforschung (Szenario-Technik). Beispiele in diesem Bereich sind die Abschätzung des Erfolgs von technischen Innovationen, neu geplanten Produkten oder auch in der Politikberatung.
Vorgehen
Bei der Delphi-Methode wird eine Gruppe von Experten bezüglich eines Themas mit Fragen oder Thesen konfrontiert, zu denen sie ihre Meinung äußern sollen. Diese müssen sie schriftlich festhalten und begründen sowie alle Informationsquellen angeben (Generation). Die Befragung findet in mehreren Durchgängen, so genannten Runden, statt und die Experten werden dabei einzeln und separat voneinander befragt. Ab der zweiten Runde wird den Experten anonymisiert Rückmeldung dazu gegeben, wie sich andere Experten geäußert haben.
Durch dieses Vorgehen wird versucht den typischen Gruppeneffekt zu hemmen, indem sehr dominante Persönlichkeiten nicht mehr als solche erkennbar sind und keine direkte gegenseitige Beeinflussung möglich ist. Die Ergebnisse der ersten Runde werden zusammengetragen und durch zum Beispiel Mittelwertbildung zusammengefasst (Mittelwertbildung). In dieser Form werden sie den Experten vorgelegt, woraufhin sie sich erneut äußern können und ihre erste Antwort auch abändern dürfen (Korrektur) oder aber argumentieren können, wieso sie ihre Meinung beibehalten, obwohl sie zum Beispiel von der vorherrschenden Meinung abweicht. Verschiedene Einschätzungen von zukünftigen Ereignissen werden miteinander konfrontiert und mit der Zeit ergibt sich eine Verengung der wahrscheinlichsten Möglichkeiten, da die gewichtigsten Argumente unter den Experten dauerhaft erhalten bleiben sollten. Üblicherweise wiederholt sich dies für mehrere Runden, bis eine festgelegte Rundenanzahl erreicht wurde, die Experten zu keinen weiteren Runden bereit sind oder ein Konsens gefunden wurde. Das Endergebnis der Delphi-Methode bildet die aufbereitete Gesamtmeinung der Expertengruppe ab und beinhaltet auch die einzelnen von den Experten getroffenen Aussagen.
Voraussetzungen zur erfolgreichen Durchführung
Eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Durchführung der Delphi-Methode ist die sorgfältige Auswahl der Experten. Es muss darauf geachtet werden, dass die Experten aus jeweils unterschiedlichen Fachgebieten stammen, aber sich dennoch ähnlich gut in dem gefragten Themenbereich auskennen sind um eine qualifizierte Meinung äußern zu können. Auch der Frage- bzw. Thesenkatalog sollte sorgfältig ausgearbeitet worden sein und alle relevanten Inhalte abdecken.
Vor- und Nachteile
Vorteile
Im Gegensatz zu anderen qualitativen Prognosemethoden sind die Ergebnisse der Delphi-Methode durch die Befragungsschleifen und die große Anzahl an Experten vorwiegend objektiv und enthalten weniger extreme Einschätzungen. Außerdem wird eine große Menge an Einzelmeinungen von qualifizierten Fachleuten berücksichtigt. Durch die Einzelbefragungen und die Anonymität beim Ergebnisaustausch wird ebenfalls eine Beeinflussung der Experten durch Meinungen von ihren möglicherweise sehr angesehenen Kollegen verhindert.
Nachteile
Die Auswahl der Experten beeinflusst maßgeblich das Endergebnis der Befragung. Darüber hinaus ist die Delphi-Methode durch das mehrfachwiederholte Befragen der Teilnehmer sehr zeitaufwendig. Es ist auch nicht klar, ob das Ergebnis eine von jedem Teilnehmer durch intensive Reflektion erzeugte Einigkeit darstellt, oder sich lediglich die weniger stark Überzeugten den stärker Überzeugten anschließen. Es lassen sich ebenfalls Tendenzen feststellen, dass sich die Experten häufig der Durchschnittsmeinung bzw. am stärksten vertretenen Meinung anschließen.