4.4 Kritische Reflekion
In Anlehnung der in Kapitel 4.3 erfolgten Auswertung konnte aufgezeigt werden, dass ein Wechsel hin zum Inbound Marketing einen deutlichen Mehrwert generiert. Es wurden im Rahmen dieser wissenschaftlichen Arbeit diverse Annahmen getroffen, die es im weiteren zu durchleuchten gilt. Dabei bedarf im Besonderen die Vorgehensweise einer Reflektion. So wurde für die Beantwortung der Forschungsfrage, die Methodik einer empirischen Einzelfall-studie gewählt, deren Datengrundlage auf einem Experteninterview, betriebswirtschaftlichen Kennzahlen sowie Statistik Tools, und somit lediglich auf einer Stichprobe basiert. Dadurch haben die generierten Erkenntnisse nur eine bedingte Objektivität und sind in der Folge nur wenig repräsentativ für alternative Projekte im Inbound Marketing für andere Versicherungsagenturen. Darüber hinaus ist kritisch anzumerken, dass nur eine Versicherungsagentur von über zehn-tausend in Deutschland im Rahmen dieser Bachelorarbeit analysiert worden ist. Die Grundla-ge dieser Bachelorarbeit ist kein Versicherungskonzern, sondern eine kleine Agentur mit ver-hältnismäßig deutlich geringerem Budget. Hierbei ist davon auszugehen, dass andere Online Marketing Agenturen, genau wie andere Versicherungsagenturen, bessere oder schlechtere Resultate im Zuge der Marketingumstellung hätten erzielen können oder andere Zeit- und Kostensätze angesetzt hätten. Folglich ist auch hier der Aspekt der Vergleichbarkeit nicht gegeben, da jede Agentur über eine unterschiedliche Vorgehensweise verfügt und jeweilige Operationen nach individuellen Präferenzen ausführt.
Ferner ist die besondere strategische Ausrichtung der Agentur zu berücksichtigen, die sich auf Nischenmarketing im Internet fokussiert hat und dabei zwei Produkte im Zuge des Inbound Marketing bewirbt. Dies verdeutlicht im Umkehrschluss, dass die hier evaluierten Erkenntnis-se sich nicht zwingend auf andere Versicherungsprodukte wie beispielsweise Lebensversiche-rungen oder spezielle Privatversicherungspolicen übertragen lassen, bei denen in den meisten Fällen nur einmalige Einnahmen generiert werden.
Als weiterer Kritikpunkt sind die durch das Statistiktool von Google zur Verfügung gestellten Daten durch Google Analytics zu benennen. Denn wodurch kann für Dritte gewährleistet werden, dass die von Google Analytics bereitgestellten Zahlen als absolut richtig und sozusa-gen als notariell beglaubigt, zu bewerten sind? Hier wird im Rahmen der Arbeit auf die Richtigkeit der Daten des amerikanischen Suchmaschinenkonglomeraten vertraut, weshalb die vorgenommene Analyse die Gültigkeit und Richtigkeit der Daten voraussetzt. Ferner ist in Bezug zu den verwendeten Daten von Google Analytics zu erwähnen, dass keine hochgradige Datenqualität bei der Datenauswertung vorhanden war, da durch Spam, technische Ausfälle und Hackerangriffe, Verwässerungseffekte bei der betreuenden Online Marketing Agentur entstanden sind. Obwohl bei allen Statistiken von einem gewissen Fehlerquotienten ausgegangen werden muss, wurde hier ausschließlich mit den vorliegenden Daten gearbeitet.
Ebenfalls sind die herangezogenen Kosten der in Forschungsfrage 9 erfolgten Analyse nicht repräsentativ, da die Textkorrektur durch Mitarbeiter der Versicherungsagentur realisiert und mit einer entsprechenden Vergütung in Höhe von 20€ pro Stunde kalkuliert worden ist, was deutlich unter dem Stundensatz bekannter Werbeagenturen, Textern, oder Lektoren liegt.Auch die Stundensätze der Online Marketing Agentur sind nicht repräsentativ, da diese auf dem Mindestlohnniveau kalkuliert worden sind, um dem Projekt überhaupt eine Chance zu geben, was sich heute auch für die Online Marketing Agentur gerechnet hat.
Somit sind im Rahmen der Umstellung auf Inbound Marketing Kosten entstanden, die sich zum jetzigen Zeitpunkt bereits amortisiert haben. Wäre jedoch mit marktüblichen Stundensät-zen für die Agentur kalkuliert worden, hätte zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Amortisation der getätigten Investitionen stattgefunden.
Ein weiterer zu begutachtender Aspekt betrifft die Zukunftsprognose. Hierbei wird zwar abgeleitet, warum welche Entwicklungskennzahlen im Worst und Best Case Scenario verwendet werden, jedoch basiert diese Antizipation auf einem Gleichbleiben aller Umweltfaktoren wie Gesetzesgrundlage, Volkswirtschaftliche Entwicklung, Wettbewerbsverhalten und deren Produkt- und Preispolitik und vielen weiteren Faktoren.
Zusätzlich ist anzunehmen, dass durch die Agentur nicht das gesamte Potential einer Umstellung auf Inbound Marketing ausgeschöpft werden konnte, da nach Aussage der Online Mar-keting Agentur davon auszugehen ist, dass mit höheren finanziellen Mitteln noch viel bessere Ergebnisse hätten erzielt werden können, da viele Möglichkeiten des Inbound Marketing un-genutzt blieben.
So liegt den innerhalb der Forschungsfragen 6 bis 8 dargestellten Abbildungen und Tabellen, lediglich die Aussage Herrn Czwiklas zugrunde und keine wissenschaftlich vorgenommene Erhebung. Da die genaue Zeitnutzung der Mitarbeiter sowie die veränderte Kommunikation von der Agentur nicht erfasst werden konnte, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht genau gesagt werden, wie sich die Zeiteinteilung der Agentur in Zukunft entwickeln wird. Hier wären valide und absolute Zahlen wünschenswert gewesen, auf deren Grundlage eine genauere Analyse hätte erfolgen können. Für den wissenschaftlichen Anforderungsbereich einer Bachelorarbeit konnten aber dennoch aussagekräftige Trendergebnisse konstatiert werden.
Allerdings könnten durch größere wissenschaftliche Arbeiten wie beispielsweise einer Mas-terthesis oder Habilitation validere Ergebnisse ermittelt werden. Zudem könnte die Betrachtung eines längeren Zeitraums inhaltlich aufschlussreichere Schlüsse zulassen. Auch die Wahl einer anderen Vorgehensweise erscheint für die Beantwortung der Forschungsfrage dieser wissenschaftlichen Arbeit denkbar. So hätten durch Verwendung einer vergleichenden Fallstudie, anstatt einer empirischen Einzelfallstudie, mehrere unterschiedliche Agenturen evaluiert und zueinander in Bezug gesetzt und im Ergebnis eine repräsentativere Aussage getroffen werden können, als im Zuge dieser Arbeit.