3.6 Fazit
Wie in Kapitel 3.3.1 ausgearbeitet, lässt sich konstituieren, dass die Versicherungsbranche stark kundenorientiert ist, bedingt durch die hohe Vertriebsorientierung. Ferner hat die Versicherungsbranche, wie in Kapitel 3.2 aufgezeigt, einigen Boden gut zu machen und versucht das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen. Dabei ist Kommunikation der Schlüssel, um Kunden auf Unternehmen aufmerksam zu machen, Kunden an Unternehmen zu binden oder rückzugewinnen. – veränderte Kundenbedürfnisse bedingen eine veränderte Kommunikation (Zerres & Reich, 2010, S. 399). Schon vor fünf Jahren wurden von den führenden Versicherungsmarketingautoren Zerres und Reich im Handbuch des Versicherungsmarketing einige Handlungsempfehlungen genannt, mit denen Versicherungsunternehmen ihre Marketing-kommunikation verbessern können:
Dabei werden klassische Werbung, Sponsoring, Verkaufsförderung, Öffentlichkeitsarbeit und Direktmarketing als potentielle Kommunikations-kanäle aufgezählt (Zerres & Reich, 2010, S. 399 ff.). Inhalte wie Inbound-, Content Marketing, Suchmaschinenoptimierung, Keyword Advertising oder die Wichtigkeit eines entspre-chenden Internetauftritts werden nicht thematisiert. Dies verdeutlicht die gegenwärtige Situa-tion der Branche. “Die Mehrheit der Versicherungsunternehmen hat es hier verpasst, die P-tentiale des Online Marketing zeitnah, für sich als Kommunikationskanal zu nutzen”, so Ralf Czwikla (R. Czwikla, persönliche Kommunikation, 15. Juli 2015). Der Inbound Marketing Ansatz entspricht diesen Veränderungen, indem er das Internet als neuen Vertriebskanal nutzt.
In Kapitel 3.2 konnte zudem durch Referierung von Ternes und Runge aufgezeigt werden, dass sich Zielgruppen direkter und effizienter durch neue Vertriebskanäle ansprechen lassen. Kundenprobleme lassen sich dank Social Media in Echtzeit lösen, bestehende Akquisitions- und Kundenbindungsstrategien weiter etablieren (Ternes & Runge, 2015). Darüber hinaus nimmt die digitale Suche einen immer größer werdenden Stellenwert bei Kunden ein. 2012 nutzten 51% der Kunden im Zuge ihrer Recherche eine Suchmaschine, weshalb es für Unternehmen zukünftig substanziell ist, eine einheitliche digitale Vision zu entwickeln, um sich bei vermehrtem digitalen Wettbewerb, etablieren zu können (Ternes & Runge, 2015). Doch wie sieht der Status Quo deutscher Versicherungsunternehmen in diesem Bereich aus? Wie groß ist das Potenzial deutscher Versicherer hinsichtlich Inbound Marketing?
In Anlehnung einer 2014 durchgeführten Studie von Absolit Dr. Schwarz Consulting, werden in Abbildung 12 die Online Aktivitäten der 42 im Internet präsentesten, deutschen Versicherungen dargestellt.
Abbildung 12: Online Aktivitäten deutscher Versicherungsunternehmen
(Quelle:Online-Aktivität deutscher Versicherungen. Absolit Dr. Schwarz Consulting (2014), zitiert nach Ternes & Runge, 2015)
Die Balken repräsentieren hierbei die Online Aktivität der beschriebenen Versicherungsunter-nehmen. Der grün dargestellte Bereich Web, ergibt sich aus Besucherzahlen und Reputation der jeweiligen Webseite. SEO bezieht sich auf die Qualität der Auffindbarkeit in Google. Der Wert Social gibt an, wie aktiv die Versicherer die Möglichkeiten Sozialer Netzwerke nutzen.
Die Werte Web, SEO und Social können einfach verbessert werden, beispielsweise durch eine übersichtliche Webseite, mit einfacher Usability, die Kunden direkt zum gesuchten Produkt bringen. Ungenutztes Potential bei der Neukundenakquise im Internet durch Suchmaschinenoptimierung, gilt es zu nutzen. Alle Unternehmen stehen zwar mit Firmennamen bei Suchmaschinen weit oben, aber nur wenige bei spezifischeren Keywords wie “Rechtsschutzversicherung” oder “Haftpflichtversicherung” (Ternes & Runge, 2015). Mit Inbound Marketing können interaktive Tools zur Pflege bestehender Kontakte und zur Neukundengewinnung genutzt werden.
Inbound Marketing scheint ferner für die in Kapitel 3.3.1 definierten Versicherungsagenturen, mit Fokus auf eine klar definierte Zielgruppe bzw. einen Nischenmarkt, interessant zu sein. Es könnte für eine sowohl effektive wie auch effiziente Kundenansprache, über das Internet behilflich sein und dabei gleichzeitig hohe Streuverluste reduzieren. Bestehende Grundsätze der Kundenansprache von Versicherungsunternehmen würden nicht verloren gehen, sondern viel mehr, dank der neuen Möglichkeiten des Web2.0, auf heutige Kundenbedürfnisse projiziert werden.
Im Rahmen einer empirischen Fallstudie der Versicherungsagentur berufshaftpflichtversicherung1.de wird im nachfolgenden Kapitel gezeigt, welche Potentiale bei mittelständischen Versicherungsagenturen durch Inbound Marketing umgesetzt werden können und anschließend eingeordnet, ob die hier gewonnen Erkenntnisse allgemeiner Natur sind.